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Programm der „Alternative für Deutschland“

Belege für die Aussagen hier habe ich im Artikel Wahlprogramm der „Alternative für Deutschland“, kritisch gelesen [1] geschrieben.

Ich wollte heute einen Artikel zum Programm der „Anternative für Deutschland [2] schreiben und habe es geschafft, nach 3 Stunden Schreiben und Recherche den Artikel zu löschen. Aber die Nachdenkseiten treffen die Kritik in meinem Artikel zum Glück mit noch mehr Hintergrund, so dass ich stattdessen jetzt einfach auf den Artikel der Nachdenkseiten verlinke:

Hintergrund zur AfD von den Nachdenkseiten:
Können Markt­radikale und Nationalchauvinisten eine „Alternative für Deutschland“ sein? [3]
— mit Unterstützerliste (und Hintergrund zu den Unterstützern).

Notizen von mir

Meine Kurzzusammenfassung zum Programm der AfD war in etwa: Euro weg, mehr Markt, weniger Staat, weniger Europa - und viele „Ziele“, die eh schon Gesetz sind.

Dazu zentral organisierte Bildung1, aber von der Familie gemacht (wie auch immer das gleichzeitig gehen soll), Streichung des Verursacherprinzips bei der Finanzierung der Förderung erneuerbarer Energieträger (stattdessen aus Steuern finanziert) und Schuldenbremse (was wohl heißt, dass die Förderung erneuerbarer Energien der Bremse zum Opfer fällt).

Asyl nur für „ernsthaft2“ politisch verfolgte und keine Einwanderung von Armen oder Qualifizierten, die ihre Kultur mitbringen wollen - zusammen mit Wortbruch gegenüber anderen Europäischen Staaten.

Das einzige, was auf den ersten Blick gut klang:

„Wir fordern, dass Bundestagsabgeordnete ihre volle Arbeitskraft der parlamentarischen Arbeit widmen. Das Mandat darf nicht unter bezahlten Nebentätigkeiten leiden“ (Hervorhebung von mir).

Auf den zweiten Blick blieb von dem Guten nicht viel übrig. Denn solange nicht nachgewiesen werden kann, dass das Mandat unter den Nebentätigkeiten leidet, ist jede Tätigkeit erlaubt. Und das ist gerade, was schon heute im Gesetz steht: Abgeordnetengesetz, § 44a: Ausübung des Mandats [4]:

(1) Die Ausübung des Mandats steht im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Bundestages. Unbeschadet dieser Verpflichtung bleiben Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art neben dem Mandat grundsätzlich zulässig.

Also bleiben von dem ganzen Programm nur Ziele, die schon heute Gesetz sind, Europafeindlichkeit, Aufkündigung jeglicher Solidarität, Marktgläubigkeit und rückwärts gewandte Politik (bei Bildung, Familie und Energie).

Mein Fazit

Der Euro ist toll: Dank ihm können normale Leute kurz in ein anderes Land fahren und dort etwas kaufen, ohne von Banken abhängig zu sein.

Dass damit den Staaten ein Wirtschaftspolitisches Werkzeug verloren geht, und dass das zu Problemen führt, hätte klar sein müssen. Statt nun aber einen Ersatz für dieses Werkzeug zu suchen, gibt die AfD lieber gleich den Euro auf. Denn so ein Werkzeug würde es Staaten ja ermöglichen, den Finanzmarkt effektiv zu regulieren, und das kann ja nun wirklich niemand wollen, oder?

Zum Abschluss noch ein schöner Witz auf der Seite selbst:

Der Bundestagswahlkampf hat de facto schon begonnen, so dass jedes Vorstandsmitglied diesem Gremium und der Partei seine volle Arbeitskraft wird widmen müssen.
…
Die Arbeit im Vorstand der Alternative für Deutschland erfolgt ehrenamtlich, d.h. ohne Vergütung.

Aber mit der vollen Arbeitskraft… wer sich das wohl leisten kann? Entweder Hartz IV Empfänger (dürfen die das eigentlich?) oder Leute, die genug Geld dafür haben (oder Nebenverdienste). Doch eine recht harte Vorauswahl der möglichen Vorstände… Nenn mich zynisch, wenn du willst: Für mich sieht das nach Absicht aus.

Und nochmal zum Grinsen: Der Grad an Zwiedenken in den Argumentationen der AfD, zusammen mit ihrem Seitendesign, erinnert mich sehr an ein Plakat von Arnulf Rating:

Aufwärts [5]3

☺

PS: Nun ist der Artikel doch wieder etwas länger geworden. Ich hoffe, er hat euch beim Lesen etwas gegeben!


  1. orientiert an den „besten“ Ländern - wie auch immer gemessen. Hinweis: In den PISA-Gewinnern werden Kinder noch mit dem Rohrstock geschlagen. Dadurch ist es sehr fraglich, ob wirklich sinnvolle Dinge gemessen werden, aber wer diese Entscheidung trifft, hat politisch große Reichweite … ↩

  2. Das hat mich gleich an Mitt Romneys “legitimate rape” erinnert: Wenn eine Frau sich nicht stark genug gewehrt hat oder schwanger geworden ist, kann das laut Mitt Romney angeblich keine echte Vergewaltigung gewesen sein… ↩

  3. Das Plakat von Arnulf Rating steht nicht unter der GPL und ist auch nicht Teil dieser Seite. Ich habe es nur über hotlinking hier eingebunden und auf die Seite verlinkt. ↩

Wahlprogramm der „Alternative für Deutschland“, kritisch gelesen

Ich habe inzwischen von mehreren Leuten gehört, diese Professoren von der AfD wären ja gebildet und hätten ein gutes Programm.

PDF (drucken) [6]

Org [7] (bearbeiten)

Um nicht nur meine Meinung zu schreiben [8], sondern sie auch zu belegen, habe ich das Programm nochmal Schritt für Schritt gegengelesen und kommentiert.

Ich bin nicht auf viel gestoßen, dem ich zustimmen kann (dafür auf einige Horrorstellen) - abgesehen von Punkten, die eh schon Gesetz sind.

Jetzt aber zum Programm.

Das Wahlprogramm der AfD
 

Währungspolitik

  • Die Kosten der Rettungspolitik sollen von Banken, Hedge-Fonds und privaten Großanlegern getragen werden.
  • Überschuldete Staaten sollen durch einen Schuldenschnitt entschuldet werden.
  • Banken sollen ihre Verluste selbst tragen oder das Geld dafür von ihren privaten Großanlegern holen.

Das ist alles gesunder Menschenverstand und damit sollte die Eurozone stabil sein. Aber ich habe den Anfang des Abschnitts weggelassen:

  • Das Euro-Währungsgebiet soll aufgelöst werden.

Wieso brauchen wir das noch, wenn wir die Eurozone stabilisiert haben?

Außerdem habe ich einen weiteren Punkt weggelassen, damit die Punkte logisch aufeinanderfolgen:

  • Deutschland soll die anderen Staaten Europas zwingen, den Austritt aus dem Euro zu ermöglichen, indem es den ESM mit Veto blockiert.

Der Staat, der von der Krise profitiert, soll jetzt also die Not der anderen nutzen, um sie zu zwingen die europäischen Regeln zu ändern?

Europapolitik

  • Wir wollen Markt, wegen der Freundschaft.

Was hat das miteinander zu tun? (sie haben es anders formuliert, aber das ist der Kern der Aussage, wie ich sie verstehe)

Und siehe den letzten Punkt des vorherigen Abschnitts. Das ist eine tolle Vorstellung von Freundschaft.

  • Kein Geld für Europa (zumindest nicht für irgendeine Unterstützung).
  • Keine europaweiten Regelungen.
  • „Das Parlament hat versagt. Daher die EU durch mehr Wettbewerb […] verschlanken“.

Alles in allem: Markt statt Europa. Ganz toll…

Was so eine Politik bringt sehen wir an den USA: Leute, die mit einem gebrochenen Bein arbeiten gehen, weil sie sonst nichts zu essen haben und sie sich eh keinen Arzt leisten können, oder die in der Kanalisation wohnen, weil sie da zumindest nicht erfrieren.

Rechtsstaatlichkeit und Demokratie

Hier lasse ich mal alles weg, das eh im Grundgesetz steht. Dann bleibt nur noch:

  • Mehr Volksabstimmungen. Das fordern die Grünen auch. Aber anders als die Grünen wollen die AfDer v.a. Volksabstimmungen, wenn es um Europa geht, also bei den komplexesten Themen.
  • Mehr direkte Demokratie in den Parteien. Das haben die Grünen: Echte Basisdemokratie mit sehr geringer Eintrittshürde.

Wenn ihr das wollt, dann tretet doch den Grünen bei. Aber die haben so nervige Standpunkte zu sozialer Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Ökologie…

Die AfDer behaupten außerdem, für den Rechtsstaat zu sein. Konsequent wäre daher die Forderung nach Strafen für Abgeordnete, die wissentlich das Grundgesetz brechen. Aber das werden sie wohl kaum wagen, da sie schon Artikel 7 des Grundgesetzes angreifen wollen: Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates (siehe Abschnitt Bildung).

Staatsfinanzen und Steuern

Steuererklärung auf dem Bierdeckel, in Anlehnung an Kirchhoff: Spitzensteuersatz bei 25%, dazu noch die Mehrwertsteuer.

Kurz gesagt: Weniger Steuereinnahmen, und die noch stärker von den Wenigverdienern getragen als bisher. Natürlich wird nichts von Sozialabgaben gesagt. Wieso denn auch? Die treffen schließlich v.a. Wenigverdiener…

Damit gibt es weniger Geld für staatliche Aufgaben. Das halte ich hier nochmal fest, weil unter Energiepolitik neue Ausgaben dazukommen.

Alterssicherung und Familie

  • „Die Renten sind nicht sicher, wegen Europa“
  • Leute mit mehr Kindern sollen mehr Rente bekommen.
  • Leute sollen mehr Kinder bekommen.

Bildung

  • Gleiches Schulsystem in allen Ländern. Orientiert an den „Besten in Deutschland“. Wie die ermittelt werden? Kein Kommentar. Und nur „in Deutschland“.
  • Bildung durch die Eltern. Der Staat soll nur „helfen“ und „ergänzen“. Wie das mit einheitlichen Standards zusammen funktionieren soll? Kein Kommentar. Wie Leute das bewerkstelligen sollen, die selbst keinen hohen Bildungstandard haben? Kein Kommentar. Wie das mit Artikel 7 des Grundgesetzes vereinbar sein soll? Kein Kommentar.
  • Gute Unis mit Fördermöglichkeiten und Diplom.

(nur den letzten Punkt halte ich nicht für schädlich, solange Fördermöglichkeiten nicht „Stipendien statt Bafög“ bedeutet)

Energiepolitik

  • Erneuerbare Energieträger nicht durch Verbrauchsabhängige Abgaben fördern, sondern aus den Steuern. Wie das mit Schuldenbremse und Steuersenkungen zusammen klappen soll? Kein Kommentar.

Integrationspolitik

  • Einwanderer nur, wenn sie qualifiziert sind und sich integrieren wollen. Bist du qualifiziert, willst aber deine Kultur behalten? Dann bleib besser zu Hause, denn dich will die AfD nicht.
  • Keine Einwanderung in den Sozialstaat. Das heißt dann wohl auch keine Freizügigkeit in Europa…
  • Asylrecht nur, wenn die Asylbewerber ernsthaft politisch verfolgt werden. Also nicht nur einfach so politisch verfolgt, sondern ernsthaft. Es gibt also zwei Arten der politischen Verfolgung, so wie es bei Mitt Romney zwei Arten der Vergewaltigung gibt: Einfach so Vergewaltigung und echte Vergewaltigung (legitimate rape). Einfach so verfolgt zu werden ist also kein Grund für Asyl… Vielleicht ist das ernsthaft aber auch nur ein Füllwort, das sie reingenommen haben, um Wähler vom rechten Rand nicht zu verschrecken…

Zusammenfassung

Kein Euro, mehr Markt, weniger Europa, weniger Staat, weniger Steuern für Reiche, weniger Förderung regenerativer Energien - und die nicht mehr nach Verbrauch, sondern aus Steuermitteln, von denen es durch die Reformen weniger gibt.

Und ein paar Punkte, die eh schon Gesetz sind, also untauglich als Ziel einer Partei (die nur Gesetze machen oder ändern kann).

Außerdem das an Bürgerbeteiligung, was die Grünen schon bieten, aber bei der AfD nicht gelebt.

Kurz: Viel Müll - und das wenige gute machen die Grünen auch.

Fazit

AfD: Alptraum für Deutschland. Reaktionäre Bildungspolitik, asoziale Steuerpolitik und kurzsichtige Energiepolitik. Europa für Firmen („den Markt“), aber nicht für die Bürger.

Dazu Hofierung des Rechten Randes im Stil von “Wir, Deutschland, Familie”.1

Und das ist nur das offizielle Wahlprogramm…

PS: Was bringt Europa normalen Bürgern? Für mich sind das die gemeinsame Währung (kein Umrechnen und Banken Bezahlen an der Grenze mehr) und die Freizügigkeit. Was will die „Alternative für Deutschland“ beides abschaffen? Genau… Statt einem Europa für die Bürger wollen sie ein Europa für große Firmen. Denn die wollen keine Regulierung durch Regierungen, sondern geben für den Markt lieber den Euro auf.

PPS: Wer denkt, dass ich hier zu kritisch lese, muss sich nur die Unterstützerliste [3] anschauen. Deren Unterstützer sprechen sich unter anderem gegen Alleinerziehende aus, für die Verherrlichung von preussischem Krieg, für Zweiklassenmedizin, gegen das passive Wahlrecht der Mitglieder der „untersten Klassen“ (!!!) und gegen den Sozialstaat. Dazu haben sie viele Marktradikale und Leute von der Initiative neue Soziale Marktwirtschaft (=Stiftung Bertelsmann: denen können wir für den verbockten Bachlor und Master danken, durch die nun Unis ihre Grundgesetzlich als frei garantierten Lehrpläne von Privatfirmen zertifizieren lassen) und Kolumnisten und Interviewpartner der Jungen Freiheit (=Rechtsradikale). Ich denke daher, dass diese kritische Sichtweise voll und ganz gerechtfertigt ist. Sie könnte höchstens zu unkritisch sein, immerhin verwende ich die Worte, die diese Leute selbst gewählt haben, um sich zu beschreiben.


  1. Da sich manche AfDer beklagen, sie wären ja gar nicht rechts: Wer asoziale und reaktionäre Thesen vertritt, braucht sich nicht zu wundern, wenn sich Arschlöcher um ihn sammeln. Erklärung (da manche sie brauchten): (1) Wir → Abgrenzung, (2) Deutschland → Abgrenzung (3) Familie → reaktionär normativ und Abgrenzung. Abgrenzung der „eigenen Gruppe“ heißt Ausschluss von anderen. Wen wollen sie ausschließen und warum? ↩

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Werke von Arne Babenhauserheide. Lizensiert, wo nichts anderes steht, unter der GPLv3 or later und weiteren freien Lizenzen.

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[2] https://www.alternativefuer.de/partei/programm/
[3] http://www.nachdenkseiten.de/?p=16524
[4] http://www.bundestag.de/bundestag/aufgaben/rechtsgrundlagen/abgges.pdf
[5] http://rating.de/rahmen.php?IH=/arnulf_rating/fan_und_fun.htm
[6] http://www.xn--drachentrnen-ocb.de/files/2013-04-23-Di-wahlprogramm-afd_1.pdf
[7] http://www.xn--drachentrnen-ocb.de/files/2013-04-23-Di-wahlprogramm-afd_1.org
[8] http://www.xn--drachentrnen-ocb.de/licht/politik/kommentare/alternative-fuer-deutschland